Zwischen Streaming und Öffnung

Hackesche Höfe Berlin-Mitte. Foto: Ulrich Horb
Hackesche Höfe Berlin-Mitte. Foto: Ulrich Horb

Die Welt ist eingeschränkt – auch die Welt der Kultur. Am 13. März erinnert das Chamäleon Theater mit seinem Stück „Weißes Kaninchen, Rotes Kaninchen“ an den Beginn des Lockdowns, der genau ein Jahr zuvor neben anderen die Kultureinrichtungen traf. Das Stück ist im Livestream zu sehen. Aber es gibt in Berlin nun auch erste Versuche, wieder Theater vor Publikum zu ermöglichen.

„Weißes Kaninchen, Rotes Kaninchen“ ist ein Stück des iranischen Autors Nassim Soleimanpour, entstanden vor zehn Jahren, als der Autor, der den Militärdienst im Iran verweigert hatte und deshalb jahrelang nicht ausreisen durfte, Möglichkeiten suchte, ein Publikum zu erreichen. Er erfand ein Stück, das ohne Regie, Bühnenbild oder Proben funktionieren sollte. „Alles, was es brauchte, war ein*e mutige Performer*in, der oder die sich einverstanden erklärte seinen Text vor einem Livepublikum zu lesen, ohne vorher zu wissen worum es in dem Stück geht“, erklärt das Chamäleon-Theater das Projekt. Überreicht wird auf der Bühne ein verschlossener Umschlag.

Das Stück ist mittlerweile in 30 Sprachen übersetzt und in zahlreichen Ländern von unterschiedlichen Künstlerinnen und Künstlern aufgeführt worden. Der Autor lebt heute in Berlin. In Coronazeiten empfinde er die Welt im Moment als ähnlich eingeschränkt, wie er es vor 10 Jahren im Iran war,  so das Chamäleon-Theater. Daraus sei die Idee entstanden, sein Stück als Mittel anzubieten, „um sich zu verbinden und Theaterschaffende, Künstler*innen und Zuschauer*innen weltweit zu ermächtigen.“

Chamäleon-Theater in Mitte. Foto: Ulrich Horb
Chamäleon-Theater in Mitte. Foto: Ulrich Horb

Das Chamäleon-Theater ist eine von mehr als hundert Spielstätten, die das Stück im Rahmen der weltweiten Aktion „Let There Be Theatre“ an diesem Tag aufführen, um ein Zeichen des Zusammenhalts zu setzen. Der Livestream per Zoom   wird am 13. März 2021 in Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma Aurora Nova angeboten. Karten gibt es auf der Website des Theaters.

Probebetrieb mit Corona-Test

Gleichzeitig proben mehrere Spielstätten in Berlin die Wiederaufnahme des Betriebs unter Corona-Bedingungen. In einem Pilotprojekt „Testing“ wollen neun Kultureinrichtungen jeweils eine Veranstaltung mit Publikum durchführen. Den Auftakt macht das Berliner Ensemble  am 19. März mit einem Stück, das den vielsagenden Titel „Panikherz“ trägt, inszeniert von Oliver Reese. Es folgen einen Tag später die Berliner Philharmoniker mit Kirill Petrenko. Beteiligen werden sich auch die Volksbühne, die Staatsoper und die Deutsche Oper sowie ein Club. Voraussetzung ist neben den üblichen Bedingungen wie Abstandsregeln oder Tragen von Masken ein Coronatest, den jede Besucherin und jeder Besucher am Tag der Aufführung durchführen muss. Das Ergebnis, das nicht älter als zwölf Stunden sein darf, muss neben einem Personalausweis und einer personalisierten Eintrittskarte beim Einlass vorgezeigt werden. Den Testablauf haben die Spielstätten mit der Senatskulturverwaltung, den Gesundheitsämtern und Testzentren abgestimmt. Möglich, dass künftige Theater-, Opern- und Clubbesuche immer nach diesem Muster ablaufen werden. Steigen die Inzidenzzahlen allerdings weiter, könnte auch dieses Modell scheitern.

Für Berlins Kultursenator Klaus Lederer ist klar: „Berlins Kultureinrichtungen haben sich im vergangenen Jahr sehr verantwortungsbewusst verhalten. Angesichts nun möglicher Öffnungsszenarien übernehmen Kultureinrichtungen auch weiter gesellschaftliche Verantwortung. Ich bin schon stolz darauf, dass ein Schulterschluss unterschiedlichster Kulturinstitutionen der Stadt gelungen ist, der uns für die unterschiedlichen Häuser, klein und groß, sowie einen Club, erlaubt, eine Blaupause zu testen, wie Kulturveranstaltungen sicher funktionieren können. So ein Pilot ist in Deutschland einzigartig – und hoffentlich ein Beitrag mit Blick auf ein unbeschwertes Besuchen von Kulturveranstaltungen. So bald wie möglich.“

Karten sind jeweils einige Tage vor der Vorstellung erhältlich. Die Deutsche Oper beteiligt sich beispielsweise am Sonntag, dem 4. April um 18 Uhr mit der Aufführung  „Francesca da Rimini“, bei ihr können Karten ab 18. März reserviert werden. Auf der Webseite der Deutschen Oper heißt es: „Zeitnah und natürlich pünktlich zum Vorverkauf informieren wir Sie über jegliches Prozedere zum Kartenkauf (voraussichtlich digital; max. 2 Karten pro Person), zum Antigen-Test (Testzentren; nicht älter als 12 Stunden) und dem geplanten Veranstaltungseinlass.“ Am 14. März gibt es bereits einen kostenlosen Livestream des Stücks.

Die teilnehmenden Institutionen sind:

das Berliner Ensemble (19./20. März, Benjamin von Stuckrad-Barres „Panikherz“ in der Regie von Oliver Reese)

die Stiftung Berliner Philharmoniker (20. März, Sinfoniekonzert unter der Leitung von Kirill Petrenko)

das Konzerthaus Berlin (25. März, Kammerkonzert Christian Tetzlaff, Elisabeth Kufferath, Tanja Tetzlaff, Kiveli Dörken, Kleiner Saal)

die Berliner Clubcommission in Kooperation mit dem Holzmarkt (27. März, Konzert im Säälchen)

die Volksbühne Berlin (1. April, Uraufführung „come as you are (jokastematerial oder der kapitalismus wird nicht siegen)“ von Fritz Kater in der Regie von Armin Petras)

die Staatsoper Unter den Linden (2. April, Neuinszenierung Wolfgang Amadeus Mozarts „Le nozze di Figaro“ dirigiert von Daniel Barenboim und in der Regie von Vincent Huguet) und

die Deutsche Oper Berlin (4. April, Neuinszenierung Riccardo Zandonais „Francesca da Rimini“ dirigiert von Carlo Rizzi und inszeniert von Christof Loy) – Kostenfreier  Livestream am 14. März, 19 Uhr. Mehr auf der Seite der Deutschen Oper

sowie visitBerlin mit einer Tagung für Unternehmen der MICE-Branche am 25. März im Estrel Hotel Berlin.

 

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