Restaurants in Existenznot

Leere Stühle: Restaurants kämpfen um das Überleben. Foto: Ulrich Horb
Leere Stühle: Restaurants kämpfen um das Überleben. Foto: Ulrich Horb

Die Veränderung ist spürbar.  Berlin vor Corona – das war eine quirlige, lebendige Stadt, ein idealer Ort für Begegnungen und Entdeckungen. 14 Millionen Touristen belebten 2019 die Bars, Clubs und Restaurants, Opernhäuser und Theater. Berlin nach Corona – das sind geschlossene Hotels und Restaurants, Clubs und Veranstaltungsorte, dramatisch reduzierte Touristenzahlen. Staatliche Finanzhilfen fließen zwar, aber auch in der Gastronomie mussten bereits einige Betriebe schließen. Die Auswirkungen sind bis hin zum Großmarkt spürbar – die Nachfrage nach Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch ist um 70 Prozent eingebrochen. Mit der Verlängerung des Lockdowns wächst auch die Gefahr von weiteren Pleiten in der Gastronomie.

Ein Großteil der Restaurants bietet während der Schließung  Speisen im Außer-Haus-Verkauf an. Die Kosten sind damit aber kaum zu decken. Und auch im Februar 2021 ist die Öffnungsperspektive unklar.

Schätzungsweise 250.000 Berlinerinnen und Berliner, so die Senatsverwaltung für Wirtschaft, leben in der Stadt vom Tourismus. Rund 19.000 gastronomische Betriebe gibt es in Berlin – Cafés, Restaurants, Kneipen, Eisdielen. Die Geschäfte gingen auch vor Corona nicht überall gut. Rund 2000 Betriebe schlossen pro Jahr, etwa 2000 wurden neu eröffnet. Viele zahlten Niedriglöhne, beschäftigten Studentinnen und Studenten, Mini-Jobber.

Schon nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 öffneten viele Restaurants trotz Kurzarbeitergeld und Überbrückungsgeldern nicht mehr. Abstandsregeln sorgten dafür, dass sich der Betrieb nicht mehr lohnte, auch die Außer-Haus-Verkäufe in Zeiten der verordneten Schließung reichten vielfach nicht zum wirtschaftlichen Betrieb. So meldete im Juli 2020 Fernsehköchin Sarah Wiener für ihren Cateringservice und die beiden von ihr im Museum Hamburger Bahnhof und im „Futurium“ betriebenen Restaurants Insolvenz an. Die Museen waren geschlossen, Großveranstaltungen, für die Catering benötigt wurde, fanden nicht mehr statt.  Auch in anderen Museen traf das Ausbleiben der Besucher die Gastronomie hart. Das „Beba“ im Martin-Gropius-Bau behalf sich mit einem Foodtruck. Bebas Delicatessen können auf einer Internetseite bewundert und –  mindestens einen Tag im Voraus – bestellt werden. Beba  liefert und bietet Abholungen am Freitag & Samstag zwischen 14:00 und 18:00 Uhr.

Geschlossen: hier befand sich die Trattoria dell arte. Foto: Ulrich Horb
Geschlossen: hier befand sich die Trattoria dell arte. Jetzt nutzt der Lieferservice Gorillas die Räume. Foto: Ulrich Horb

Am Stuttgarter Platz blieb im Juni 2020 das schon zuvor in Insolvenz befindliche traditionsreiche „Gasthaus Lentz“ geschlossen. In Friedenau ist die „Trattoria dell arte“ an der Rheinstraße, die einige Jahre zuvor in einem umgebauten ehemaligen Supermarkt eröffnet hatte, leergeräumt.

Im Juli 2020 vermeldete die Bar „Muschi Obermaier“ in der Torstraße Ecke Ackerstraße nach 13 Jahren das Ende. „Die Unsicherheit, wann und wie und ob überhaupt die Muschi wieder so ist und wie wir sie lieben ist für uns zu groß“, so die Betreiber. „Das zwingt uns traurigerweise zum Rückzug. Wir leben von der Nähe, der Enge, der Hitzigkeit. Nennen wir es beim Namen, von Körperkontakt. Das alles können wir nicht mehr ordnungsgemäß, im wahrsten Sinne des Wortes, in absehbarer Zeit bieten.“ Zudem sei auch die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben.

Leere Stühle. Foto: Ulrich Horb
Leere Stühle. Foto: Ulrich Horb

„Das Viasko ist nun leider geschlossen“, so die Betreiber des Lokals am Kreuzberger Erkelenzdamm im Frühjahr 2020. „Verschiedene Gründe haben dazu geführt, nicht nur ein Virus. Es waren wunderbare drei Jahre mit Ihnen und Euch.“. Auch bei anderen Restaurants war es nicht nur die Corona-Pandemie, die zur Aufgabe zwang. Eine Baustelle, die den Fensterverkauf einschränkte, beendete das glutenfreie Angebot von „Café Tante Nanni“ im Sprengelkiez. Und das Aus für das kleine „Feinberg’s“ in der Fuggerstraße 37 musste Inhaber Yorai Feinberg nach einer drastischen Mieterhöhung verkünden. „Mit tränenden Augen muss ich Ihnen mitteilen, dass wegen einer Mieterhöhung von 40% zum 3-fachen Marktwert, das „kleine Feinberg’s“ zum Ende des Jahres schließen wird“, so Feinberg im Januar auf seiner Facebook-Seite. „Es tut besonders weh, während des Lockdowns, wo alle Gastronomen Existenzängste haben und in Zeiten von Abstandsregeln, bei denen das Restaurant nur 4 Tische bewirten konnte, so einen Schlag zu bekommen. Trotz aller Regularien kennt das Gewerbemietrecht leider keinen Mieterschutz und zwar trotz unfairen Machtverhältnissen und Interessenkonflikten.“ Feinbergs benachbartes Restaurant in der Fuggerstr. 35 bleibt erhalten.

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