Es ist still geworden in den Straßen von Berlin. Mit dem coronabedingten November-Lockdown mussten Restaurants und Kneipen zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit schließen, ausgenommen ist der Außer-Haus-Verkauf. Theateraufführungen und Opern sind abgesagt, Museen geschlossen. Nur einige Discounter haben noch bis 22 Uhr geöffnet. Während die Fenster der Wohnhäuser am Abend nun hell erleuchtet sind, sind kaum noch Passantinnen und Passanten auf den Straßen. Die Hotels sind ohne Gäste. Dennoch steigen auch nach vierzehn Tagen „Lockdown light“ die Infektionszahlen noch an, wenn auch langsamer. Gerichte bestätigten die Berliner Regelungen bislang. Fraglich ist, ob die Corona-Beschränkungen Ende November aufgehoben werden können. Die angestrebte 7-Tage-Inzidenz von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner scheint kaum erreichbar.
Während im Oktober Gastwirte noch erfolgreich gegen die vom Berliner Senat verfügte Sperrstunde klagten, folgte das Verwaltungsgericht jetzt der Argumentation des Senats und wies die Klagen von 22 Wirten gegen die verfügte Schließung der Restaurants und Kneipen im Eilverfahren ab. Das Verbot, so das Verwaltungsgericht, diene dem legitimen Ziel der Bekämpfung der Krankheit COVID-19, die sich insbesondere in Berlin in kürzester Zeit dramatisch verbreitet habe. Im Bezirk Neukölln, in dem drei der Antragsteller ihre Gaststätten betrieben, lag die Inzidenz bei Urteilsverkündung mit 332 Fällen pro 100.000 Einwohnern bundesweit sogar an erster Stelle, so das Gericht. „Die Aussage, Gaststätten trügen nicht wesentlich zur Verbreitung der Pandemie bei, sei nicht haltbar. Auch wenn das Robert Koch-Institut viele Ansteckungen auf den privaten Bereich zurückführe, ließen sich drei Viertel der Erkrankungen nicht mehr auf eine bestimmte Quelle zurückführen“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Die Gastronomie sei davon geprägt, dass Menschen nicht nur zur bloßen Nahrungsaufnahme zusammenkämen, sondern typischerweise auch, um Geselligkeit zu pflegen, zu kommunizieren und neue Kontakte zu knüpfen. Dies und die Tatsache, dass Gäste in Gaststätten keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssten, habe der Verordnungsgeber trotz aller Hygienekonzepte der Gaststätten zulässigerweise in seine Abwägung einbeziehen dürfen, argumentierte die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts in ihrem Beschluss vom 9. November 2020 (VG 4 L 476/20).
Auch dem Schlosspark-Theater von Dieter Hallervorden war mit seiner Klage gegen die Schließung kein Erfolg beschieden. Zwar hatte die Steglitzer Bühne ebenfalls ein Hygienekonzept entwickelt und einen erheblichen Teil der Zuschauerplätze mit Puppen belegt. Aber, so das Verwaltungsgericht, der mit Theateraufführungen verbundene längere Aufenthalt einer größeren Anzahl von Personen aus verschiedenen Haushalten in einem geschlossenen Raum bringe ein erhöhtes Infektionsrisiko mit sich. Es lasse sich nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit feststellen, dass mildere Maßnahmen die gleiche Wirkung wie das Verbot hätten. Der mit der Schließung verbundene Eingriff in die Kunst- und die Berufsfreiheit der Antragstellerin erscheine, so das Gericht, angesichts der zugespitzten pandemischen Lage sowie mit Blick auf die staatliche Pflicht zum Lebens- und Gesundheitsschutz nicht als unverhältnismäßig.
Für die vom Lockdown besonders betroffenen Branchen, das Hotel- und Gaststättengewerbe, aber auch die Künstlerinnen und Künstler, kündigte die Bundesregierung finanzielle Unterstützung an. Ende November soll eine Abschlagzahlung erfolgen.
Für die Wirtschaftskraft Berlins sind die Schließungen ein schwerer Einschnitt. Im ersten Halbjahr 2020 zählte Berlin 2,7 Millionen Gäste, ein Minus von 59 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit wurde der Stand von 2004 erreicht. Von den ausländischen Urlaubern blieben zwei Drittel weg.