Update: Das Berliner Verwaltungsgericht hat am 16. Oktober im Rahmen eines Eilverfahrens die Berliner Sperrstunde für einige Lokale aufgehoben. In der Folge gab es noch einige weitere ähnliche Urteile. Das Ausschankverbot für Alkohol nach 23 Uhr allerdings bleibt bestehen. Der Antrag war von elf Gastronomen eingereicht worden, die die vom Senat angeordnete Schließung ab 23 Uhr für unverhältnismäßig halten. Mittlerweile haben mehr als 20 Bars und Restaurant den Wegfall der Sperrstunde erstritten. Zudem prüfen sie auch eine Klage gegen das Alkoholausschankverbot. Der Senat will an der Sperrstunde festhalten und sie auf eine bessere rechtliche Grundlage stellen. Denn gleichzeitig erreichten die Infektionszahlen einen neuen Höchststand (siehe täglicher Lagebericht).
Mit einer Beschwerde gegen das Urteil hatte der Senat beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Abend des 16. Oktober keinen Erfolg. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller wollte damit „Klarheit schaffen, dass auch die elf klagenden Gastronomen nicht nach 23 Uhr öffnen dürfen. “ Das Oberverwaltungsgericht folgte der Argumentation des Senats nicht, so dass die Lokale der elf Kläger vorerst nach 23 Uhr offen bleiben können. Ein Urteil in der Hauptsache muss noch erfolgen.
Nach einer Zunahme der Corona-Infektionen hatte der Berliner Senat die Vorsichtsmaßnahmen wieder verschärft. Vom Sonnabend, dem 10. Oktober 2020 (24 Uhr) an mussten Geschäfte sowie alle Restaurants und Bars zwischen 23 Uhr abends und 6 Uhr morgens geschlossen bleiben. Ausgenommen sind Tankstellen, allerdings nur für den Verkauf von Benzin oder notwendigem KfZ-Zubehör, sowie Apotheken. Alkohol darf in der nächtlichen Sperrzeit nicht verkauft werden. Die Regelung ist zunächst bis zum 31. Oktober 2020 befristet.
Eingeschränkt werden während der Sperrstunde auch private Treffen und Kontakte. Im öffentlichen Raum dürfen sich zwischen 23 und 6 Uhr höchstens 5 Personen oder Personen aus 2 Haushalten gemeinsam aufhalten. Mit diesem „Zerstreuungsgebot“ sollen illegale Partys, wie sie zuletzt an den Wochenenden in verschiedenen Parkanlagen in der Innenstadt stattfanden, im Ansatz verhindert werden. Denn diese Zusammenkünfte, bei denen Mindestabstände nicht eingehalten und keine Masken getragen wurden, könnten mit zur Corona-Verbreitung beigetragen haben. Die Polizei hat solche Treffen mehrmals mit größeren Einsätzen aufgelöst.
Vor allem die Innenstadtbezirke Neukölln, Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg meldeten im September und Oktober eine rasche Zunahme an Corona-Infektionen. Betroffen sind jetzt überwiegend Jüngere im Alter bis zu 35 Jahren. Auch das ist ein Indiz für die Auswirkungen der Partys. Zudem haben sich nicht alle Wirte an die Regeln gehalten.
Eine weitere Infektionsquelle waren offenbar größere private Feiern, etwa zu Hochzeiten oder Geburtstagen. Nun reagierte der Senat auch darauf: Private Veranstaltungen und private Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen mit mehr als zehn Personen sind ebenfalls untersagt. Bisher waren 25 Personen zugelassen.
Zur Überwachung der Corona-Situation hatte der Senat im Sommer ein Ampel-System eingeführt, das zum einen die Neuinfektionen im Verhältnis zur Einwohnerzahl bewertet, zum zweiten die Reproduktionszahl, zum dritten die Zahl freier Intensivbetten. Nur der letzte Wert lag Anfang Oktober noch im grünen Bereich. Der Reproduktionswert, also die Angabe, wie viele Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt und die Zahl der Neuinfektionen standen auf Rot.
Für das sonst durchgehend geöffnete Berlin ist die Sperrstunde ein harter Einschnitt. Auch in Vorwendezeiten, als in Westdeutschland noch überall Sperrstunden galten, kannte West-Berlin solche verordnete Nachtruhe nicht. Die aktuelle Entwicklung lasse aber keinen Spielraum mehr, so der Berliner Senat. „Die Zeit der Geselligkeit ist vorbei, die Lage ist ernst, jeder Einzelne trägt Verantwortung“, so Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) im RBB-Inforadio.