Auch wenn der Berliner Senat Anfang April bereits Hilfen in Milliardenhöhe ausgezahlt hat: Die Corona-Schließungen bedrohen die Existenz vieler Läden und Betriebe in der Hauptstadt. Hart getroffen sind auch Berlins Theater, Opern, Museen, die Restaurants und Kneipen. Sie versuchen mit innovativen Ideen die Krise zu meistern und bekommen die Unterstützung ihrer bisherigen und künftigen Besucherinnen und Besucher.
Mal „Hamlet“ mit Lars Eidinger, mal „Groß und Klein“ von Botho Strauss in der Inszenierung von Peter Stein, mal „Kunst“ von Yasmina Reza: Jeden Abend lädt die Berliner Schaubühne am Lehniner Platz zu einer ihrer hochgelobten Aufführungen. Die Stücke, angereichert mit Lesungen oder Vorträgen von Ensemblemitgliedern, gibt es als Streaming-Angebot auf der Internetseite der Schaubühne. „Zwangsvorstellungen“ nennt die Schaubühne diese Öffnung ihres Videoarchivs. Vorgeschaltet ist der Aufruf um Spenden: „Die Einstellung des Spielbetriebs bedeutet enorme Einnahmeverluste, die uns als Theater in privater Trägerschaft besonders hart treffen.“ Spenden sind per Paypal mit kleinen Beträgen oder im Webshop möglich.
Einen Spielplan für den Mai hat die Schaubühne vorsichtshalber nicht bereitgestellt, denn noch ist völlig unklar, wann Veranstaltungen im größeren Rahmen wieder möglich werden. So geht es derzeit allen Berliner Bühnen. Auch das Grips-Theater mit seinem Kinder- und Jugendprogramm, das in fast allen Abteilungen Kurzarbeit eingeführt hat, produziert unter dem Motto „Wir sind zu. Aber wir sind da!“ seit dem Beginn der Osterferien mit dem Blog grips.online ein Online-Programm.
„Wir freuen uns bereits jetzt darauf, hoffentlich bald wieder für Sie spielen zu können“, so das Renaissance-Theater auf seiner Internetseite. „Vielleicht wird uns allen durch diese Krisensituation in ganz besonderer Weise bewusst, wie wertvoll Kunst und die Begegnung im Rahmen von kulturellen Veranstaltungen für die Gesellschaft sind.“ Eine direkte Spendenmöglichkeit haben – wie das Renaissance-Theater – inzwischen viele Theater und Opernhäuser eingerichtet. Zwar fließt auch über den Kauf von Gutscheinen Geld in die Kassen der Bühnen, allerdings ist das nur ein Vorgriff auf eine später zu erbringende Leistung. Raum- und Personalkosten aber fallen im gesamten Zeitraum an. Und mehr als ausverkauft können die Vorstellungen auch später nicht sein.
Viele Restaurants versuchen derzeit mit dem Außer-Haus-Verkauf ein wenig Umsatz zu erzielen. Wer im Lieblingsrestaurant in der Nachbarschaft bestellt, kann dazu beitragen, dass es auch am Ende der Corona-Krise noch da ist. Am besten telefonisch bestellen und dann rasch selber abholen.
Schwerer haben es Kneipen, die solche Einnahmemöglichkeiten nicht haben. Für sie gibt es die private Initiative „Kneipenretter“, gegründet vom Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert und seinem Freundeskreis. Kühnert: „Warum speziell für Kneipen? Kneipen haben ein anderes Publikum als unsere Lieblingsbars und -restaurants. Weniger zahlreich, weniger zahlungskräftig und oftmals schlechter vernetzt. Wir freuen uns über jede Soli-Initiative, aber wollen aufpassen, dass niemand vergessen wird.“ Die Initiative ist noch im Aufbau, Unterstützungsmaßnahmen werden derzeit diskutiert, auch hier sind Spenden gefragt. So könne man den „symbolischen Euro für das nicht in der Kneipe getrunkene Bier“ beiseitelegen und der eigenen Stammkneipe zukommen lassen, meint Kühnert.
Im Wortlaut: Offener Brief der Berliner Privattheater
Die Berliner Privattheater unterstützen die Forderung von Kultursenator Dr. Klaus Lederer nach sofortiger wirtschaftlicher Hilfe des Bundes für die Kulturinstitutionen.
Wir weisen mit diesem offenen Brief eindringlich darauf hin, dass es ohne unbürokratische und schnelle Hilfsmaßnahmen zu einem massiven Theatersterben in der Stadt kommen wird. Besonders Kulturinstitutionen, die bisher keine oder geringe Zuwendung vom Land Berlin erhalten haben, stehen vor dem baldigen Aus. Ohne die Vielzahl an Theatern wäre unsere Stadt nicht so bunt, nicht so lebendig, nicht so lebenswert und nicht so attraktiv. Die Kulturlandschaft und in der Folge auch die gesamte wirtschaftliche Infrastruktur Berlins wären damit schwer beschädigt. Genau deswegen ist es wichtig, dass tatsächlich alle Theater, alle Kulturinstitutionen diese Krise überstehen und nicht nur einzelne Häuser.
Die Berliner Privattheater benötigen jetzt sehr konkrete Hilfe, und zwar in Form von Zuschüssen seitens des Berliner Senats und der Bundesregierung. Kredite helfen angesichts der monatelang ausbleibenden Einnahmen nicht!
Für das Krisenmanagement und das Engagement für die Berliner Kultur danken wir Kultursenator Dr. Klaus Lederer und dem Berliner Senat.
Berlin, den 07.04.2020
Unterzeichner:
- Holger Klotzbach für die Bar jeder Vernunft und das Tipi am Kanzleramt
- Oliver Reese für das Berliner Ensemble
- Hendrik Frobel für das Chamäleon Theater
- Philipp Harpain für das Grips Theater
- Astrid Brenk für das Kabarett Theater Distel
- Caroline und Frank Lüdecke für das Kabarett-Theater „Die Stachelschweine“
- Karin Bares für das Kleine Theater am Südwestkorso
- Martin Woelffer, Michael Forner für die Komödie am Kurfürstendamm im Schiller Theater
- Tomislav Bucec, Oliver Tautorat für das Prime Time Theater
- Thomas Hermanns, Thomas Pape für den Quatsch Comedy Club
- Jacob Höhne für das RambaZamba Theater
- Horst-H. Filohn für das Renaissance-Theater Berlin
- Thomas Ostermeier, Tobias Veit, Friedrich Barner für die Schaubühne am Lehniner Platz
- Dieter Hallervorden für das Schlosspark Theater und Die Wühlmäuse
- Andrea Pier für das Stage Theater des Westens
- Gabriele Streichhahn für das Theater im Palais
- Lars Georg Vogel für die Vaganten Bühne
- Georg Strecker für das Wintergarten Varieté
Hinweis: Es gibt zahlreiche Spendenaufrufe weiterer Einrichtungen, die sich auf den jeweiligen Internetseiten finden lassen.