Zwischen 1961 und 1963 errichtete der Verein „Freie Volksbühne“ an der Schaperstraße nach Plänen des Architekten Fritz Bornemann einen modernen Theaterbau, der heute von den Berliner Festspielen für Aufführungen genutzt wird.
Die Geschichte der Volkbühnenbewegung, die das Haus bis Ende der neunziger Jahre betrieb, reicht bis ins Jahr 1890 zurück, als der Schriftsteller Dr. Bruno Wille theaterinteressierte Berliner Arbeiterinnen und Arbeiter aufrief, an der Gründung eines Vereins „Freie Volks-Bühne“ mitzuwirken. Er fand eine begeisterte Unterstützung, gut 2000 Interessierte nahmen an der Gründungsversammlung teil.
Der Verein mietete für seine Aufführungen zunächst einen Theatersaal an, schließlich wurde aus Mitgliedsbeiträgen am Bülowplatz, dem heutigen Rosa-Luxemburg-Platz, die Volksbühne errichtet. Hier schrieb Erwin Piscator als Oberspielleiter von 1924 bis 1927 mit seinen aufsehenerregenden Inszenierungen Theatergeschichte.
1933 wurde die Volksbühne dem Goebbelschen Reichsverband Deutsche Bühne unterstellt, 1939 wurde der Verein von den Nazis aufgelöst, das Vermögen fiel an den Staat. Im Krieg wurde das Haus der Volksbühne weitgehend zerstört. Die Neugründung 1947 war schon von der Teilung der Stadt geprägt, in Ost-Berlin wird der Verein 1953 aufgelöst.
Im Westteil der Stadt nutzt der Verein zunächst die Bühne des Theaters am Kurfürstendamm. Dann wird erneut aus Mitgliedsbeiträgen ein eigenes Theater gebaut, diesmal an der Schaperstraße in West-Berlin. Die Pläne für das moderne klar gegliederte und offen und transparent wirkende Haus stammten vom Architekten Fritz Bornemann, der u.a. am Bau der Amerika-Gedenkbibliothek (1951–1955) beteiligt war und die Deutsche Oper Berlin (1956–1961) in Charlottenburg entworfen hatte. Wie schon beim Opernbau nahm Bornemann auch beim Theaterbau für die Freie Volksbühne die Funktionalität ernst: Das Bühnengeschehen ist von allen Plätze aus gut zu verfolgen. Umgeben ist das Haus von einem kleinen Garten.
In der Nachkriegszeit setzte die Freie Volksbühne mit ihren aufklärerischen Inszenierungen Zeichen. Auch die Aufarbeitung der NS-Zeit war ein wichtiges Anliegen. 1961 hatte der Verein 100.000 Mitglieder.
Erwin Piscator, der in den fünfziger Jahren aus der Emigration nach Deutschland zurückgekehrt war und am Schillertheater erfolgreich Lew Tolstois „Krieg und Frieden“ inszeniert hatte, übernahm 1962 die Intendanz der Freien Volksbühne in West-Berlin. Mit Rolf Hochhuths „Der Stellvertreter“ (Uraufführung am 20. Februar 1963) und Peter Weiss‘ „Die Ermittlung“ (19. Oktober 1965) kamen Stücke auf den Spielplan, die ausdrücklich den Umgang der Nachkriegsgesellschaft mit der NS-Zeit thematisierten.
Nach dem Wegfall der öffentlichen Förderung 1992 musste der Verein das Haus Ende der neunziger Jahre verkaufen. Seit 2001 ist es das Haus der Berliner Festspiele, die das Dach für verschiedene Festivals in den Bereichen Musik, Theater, Performance, Tanz, Literatur und Bildender Kunst bilden und einen internationalen Dialog organisieren. Jährlich im Mai findet hier u.a. das Theatertreffen statt. Fördergelder bekommen die Berliner Festspiele von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Der Verein Freie Volksbühne ist als Besucherorganisation aktiv geblieben und hat seinen Sitz in der Ruhrstraße 6 in Wilmersdorf. Mehr als 10.000 Veranstaltungen bietet er seinen Mitgliedern im Jahr an. Verbilligt geht es in Opernhäuser, Theater, aber auch zur freien Szene. Dietger Pforte, langjähriger Vorsitzender: „Die Freie Volksbühne Berlin ebnet Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern den Zugang zu künstlerischen Veranstaltungen. Sie wählt aus. Sie informiert. Sie berät.“
Freie Volksbühne Berlin e.V., Ruhrstraße 6, 10709 Berlin, Tel (030) 86 00 93 51/52, Fax (030) 86 00 93 88, E-Mail: service@lustaufkultur.de, Internet: www.lustaufkultur.de
Berliner Festspiele, Schaperstraße 24, 10719 Berlin, Lageplan, Tel +49 30 254 89-0, Fax +49 30 254 89-111, Mail: info@berlinerfestspiele.de Internet: http://www.berlinerfestspiele.de